Die letzte Woche startete für viele Pendler denkbar schlecht: Ausfall auf der S3 und S31, soweit – leider – nichts Ungewöhnliches. Auch heute: Polizeieinsatz, einige Zeit ging gar nichts. Nach wie vor hat die S-Bahn ein miserables Informationsmanagement. Ändern wird sich daran in naher Zukunft wohl nichts.
Die S-Bahn dürfte innerhalb des HVVs vermutlich das unbeliebteste Verkehrsmittel sein. Das liegt zum einen an den ständigen Ausfällen und Verspätungen, aber, wenn man sich die Social-Media-Kanäle der S-Bahn mal anschaut, zu einem Großteil auch daran, dass die S-Bahn es trotz anhaltender Kritik immer noch nicht auf die Reihe bekommt, ihre Fahrgäste bei Ausfällen und Verspätungen angemessen zu informieren.
Letzten Montag war es wieder einmal so weit, wer aus dem Süden mit der S-Bahn fahren wollte, brauchte zwei Dinge: viel Zeit und starke Nerven. Stellwerkstörung, erst ein Ausfall in Richtung Neugraben, dann wenig später Ausfall auch in Richtung Innenstadt. Im Süden ging einfach nichts mehr.
Das teilt die S-Bahn so aber natürlich nicht mit, kratzt vermutlich zu stark am Image. Die S-Bahn spricht dann lieber von „Verspätungen“ und „vorzeitigen Wendungen“. Man kann vielleicht erahnen, was damit gemeint ist, aber ein ehrliches „unsere Fahrten fallen derzeit komplett aus“ suchte man vergeblich.
Ein Ersatzverkehr mit Taxen sollte angeblich eingerichtet sein, davon war vor Ort aber nichts zu sehen. Mitarbeiter, die den Fahrgästen für Auskünfte zur Verfügung standen, gab es auch nicht. Den Informationsknopf auf den Infosäulen konnte man auch fünf Mal drücken, gemeldet hat sich allerdings niemand.
Besonders kurios: selbst die HVV-App wusste von dem Ausfall nichts. Wer sich dort eine Verbindung herausgesucht hat, hat die – übliche – Verspätung angezeigt bekommen. Die Information, dass nicht eine einzige Bahn gefahren ist: Fehlanzeige.
Wie kann das sein? Wir leben in einem hochtechnologisiertem Land, die S-Bahn hat stolz ihr Projekt „Digitale S21“ präsentiert, aber scheitert dann nach wie vor immer noch bei der Weitergabe von Informationen? Ein Zug soll seine Position ständig an eine Leitstelle funken, aber die App schafft es nicht mal, den Komplettausfall ganzer Linien anzuzeigen.
Genau so schlecht, wie die S-Bahn in ihrem Informationsmanagement dasteht, steht sie auch da, wenn es darum geht, dieses Versagen im Nachhinein aufzuarbeiten.
Wir haben die Pressestelle mit unseren Fragen konfrontiert, haben aber nur sehr allgemein gehaltene Antworten erhalten, die keine einzige Frage konkret beantwortet hat. Eine Bahn-Sprecherin, die namentlich nicht genannt werden möchte, hat unsere Fragen wie folgt beantwortet:
Wie kann es sein, dass die hvv-App immer noch keine Ausfälle der S-Bahn anzeigen kann? Wo genau liegt das Problem? Wie passt diese – angebliche – Unmöglichkeit der Datenübermittlung zum Digitalen Fahren?
Aufgrund einer Stellwerkstörung kam es gestern Morgen zu Einschränkungen auf der Stecke Hammerbrook <> Neugraben. Über die dadurch entstandenen Einschränkungen haben wir auf unseren eigenen Informationskanälen zeitnah informiert, leider kam es bei dem Datentransfer an die HVV-App zu einem Übertragungsfehler. Dadurch konnten die Daten nicht rechtzeitig eingespielt werden. Wir bedauern sehr, dass die Nutzer der HVV-App dadurch unzureichend informiert worden sind. Wir arbeiten aber gemeinsam mit dem HVV an einer ständigen Verbesserungen der Systeme, um unseren Kunden verlässliche Reisendeninformationen zur Verfügung zu stellen.
Wo das Problem genau liegt, wurde uns auch trotz mehrere Nachfragen nicht mitgeteilt.
Kann es sein, dass die Prioritäten bei der S-Bahn falsch gesetzt sind? PR-relevante Theman wie das Digitale Fahren werden mit aller Kraft gefördert, ein zuverlässiger Basisbetrieb scheint immer noch nicht möglich. Wöchentliche Ausfälle von Stellwerken, Signalen, Stellwerke aus der Kaiserszeit – wieso wird hier nicht erstmal die zugrundeliegende Infrastruktur auf eine Technik aus diesem Jahrhundert angehoben, damit der besonders stark gebeutelte Süden wenigstens 2, 3 mal pro Woche pünktlich sein Ziel erreichen kann?
Die Schiene ist das Herzstück der Klimawende. Deshalb investieren wir so viel wie noch nie und erhöhen das Tempo für die Sanierung und mehr Kapazität im Schienennetz, natürlich auch in Hamburg. Rund 680 Millionen Euro stehen 2021 für die Infrastruktur in Hamburg und Schleswig-Holstein zur Verfügung. Hinzu kommen weitere Gelder für die Instandhaltung. Die konkreten Projekte bei der S-Bahn in diesem Jahr finden Sie hier.
Was konkret geplant ist, um die angefragten Ziele zu erreichen, wurde uns auch trotz mehrerer Nachfragen nicht mitgeteilt.
Was ist geplant, um Ausfälle in der hvv-App künftig anzuzeigen? Was wird konkret wann und wie unternommen?
Keine Antwort.
Wieso verwenden Sie in Ihren Statusmeldungen keine einfache, verständliche Sprache? Bahninterne Begriffe mögen für Sie Standard sein, normale Reisende, besonders solche mit Migrationshintergrund (besonders in den betroffenen Stadtteilen), werden nicht in der Lage sein, Ihr „Bahnerisch“ so zu entschlüsseln, dass ihnen klar wird, dass „Wendungen“ heißen soll: es fährt einfach garnichts mehr.
Keine Antwort.
Auch auf weitere Nachfragen hat die S-Bahn die Abgabe entsprechender Stellungnahmen verweigert. Das lässt vermuten, dass sich am aktuellen Zustand nichts ändern wird, auch künftig sind Fahrgäste der S-Bahn offensichtlich auf sich allein gestellt, wenn es mal wieder zu einem Ausfall kommt.
Der HVV, den wir auch um eine entsprechende Stellungnahme gebeten haben, hat unsere Anfrage komplett ignoriert.