Mitte – Am Wochenende des 18./19. Septembers hat das Bezirksamt Mitte – mit polizeilicher Begleitung – rechtswidrig etwa 2.500 Kontaktdaten unbeteiligter Kiezbesucher eingesammelt und hundertfach mit dem Melderegister abgeglichen. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte hat jetzt die Rechtswidrigkeit festgestellt und dem Bezirksamt gegenüber eine Rüge ausgesprochen.
Bis heute weigert sich das Bezirksamt Mitte, entsprechende Anfragen der Medien zu beantworten – der Senat tolertiert dieses Vorgehen, äußert sich ebenfalls nicht zu dem ungeheuerlichen Vorgang. Ein absolutes Armutszeugnis für das aktuelle Handeln der Hamburger Politik.
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte hat allerdings ermittelt und dabei festgestellt, dass das Vorgehen des Bezirksamtes rechtswidrig gewesen ist:
Bei unserer Prüfung haben wir festgestellt, dass der Abgleich der durch das Bezirksamt Mitte mitgenommenen Kontaktdatenlisten mit dem Melderegister ohne einschlägige Rechtsgrundlage erfolgt ist. Diese Maßnahme beruhte insbesondere weder auf dem Verdacht eines konkreten Infektionsgeschehens, noch stand sie im Zusammenhang mit Bußgeldverfahren, die aufgrund von Verstößen gegen die Eindämmungsverordnung durchgeführt wurden. Dies haben wir der Bezirksamtsleitung Mitte gegenüber gerügt.
Gleichzeitig haben wir das Bezirksamt darauf hingewiesen, dass nach Art. 38 DSGVO die verantwortliche Stelle sicherzustellen hat, dass der bzw. die Datenschutzbeauftragte vor Ort ordnungsgemäß und frühzeitig in alle mit dem Schutz personenbezogener Daten zusammenhängenden Fragen eingebunden wird. Die Regelung bezieht sich auf sämtliche Aktivitäten, bei denen personenbezogene Daten eine Rolle spielen. Eine Beteiligung der behördlichen Datenschutzbeauftragten für Bezirksangelegenheit ist vorliegend nicht geschehen. Dem Bezirksamt gegenüber wurde mitgeteilt, dass eine solche Beteiligung rechtzeitig erfolgen muss, um künftig rechtswidrige Eingriffe in die Datenschutzrechte zu verhindern.
Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Nachdem nun festgestellt wurde, dass das Vorgehen unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig erfolgt ist, steht die strafrechtliche Bewertung noch aus. Diese Ermittlungen führt derzeit die Hamburger Staatsanwaltschaft.
Dem Bezirksamt dürfte allerdings bald neuer Ärger drohen: nur eine Woche nach der rechtswidrigen Datenerhebung und -verarbeitung führte das Bezirksamt erneut Corona-Kontrollen durch.
Dieses Mal setzte das Bezirksamt noch einen „oben drauf“ und fertigte heimliche Ton- und Filmaufnahmen von Kiezbesuchern an – mutmaßlich mit einem privaten Smartphone eines Mitarbeiters. Der Datenschutzbauftragte ermittelt – erneut.