Polizei kritisiert MOPO scharf – MOPO lenkt ein

Kritik
Kritik (Symbolbild) - Bildnchweis: Gerd Altmann / Pixabay

Demos in Hamburg finden trotz – oder grade wegen – der Corona-Einschränkungen immer öfter statt. Teilweise angemeldet, teilweise unangemeldet. Die Kritik am Vorgehen der Polizei gehört dazu. Nun wehrt sich die Polizei jedoch gegen die Berichterstattung der Hamburger Morgenpost.

Am 6. Juni fand eine Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt statt. So weit, so normal; George Floyd war vielen noch im Gedächtnis, die Krawalle in den USA voll im Gange. Auch hierzulande solidarisierten sich viele Hamburger/innen mit dem Geschehen.

Die MOPO kritisierte das Verhalten der Hamburger Polizei anlässlich dieser Demo in einigen Online-Artikeln, aber auch in Ihrer Print-Ausgabe vom 13. Juni. Das Vorgehen der Polizei sei laut Augenzeugen oftmals zu hart, Unschuldige seien festgesetzt worden.

In der Berichterstattung der MOPO (Titelseite und Seite 8) vom 13. Juni kommt „Hüseyin (18)“ zu Wort und spricht von Verfehlungen der Hamburger Polizei: er sei bei der Versammlung vorläufig festgenommen worden, weil er angeblich eine Flasche auf Polizeibeamte geworfen habe.

Auch im Online-Artikel der MOPO finden sich diese Vorwürfe.

Das stimme nach seinen Angaben jedoch nicht, er habe sich als Versammlungsteilnehmer in der Mönckebergstraße aufgehalten, sei aktiv auf eine Polizeikette zugegangen mit der Fragestellung, ob er passieren dürfe.

Statt ihn durchgehen zu lassen, habe ihm plötzlich ein Polizeibeamter grundlos von hinten den Arm um seinen Hals geschlungen und ihn zu Boden gerissen. Vermutlich habe man ihn verwechselt.

Die Polizei schildert den Fall jedoch anders: dem 18-Jährigen wird vorgeworfen, am 6. Juni gegen 19:25 Uhr in der Mönckebergstraße eine Glasflasche in Richtung einer Polizeikette geworfen und wenig später die Lampe einer Baustellenbake mit hohem Kraftaufwand in Richtung der Polizeikette getreten zu haben.

Darüber hinaus soll er über einen längeren Zeitraum tänzelnd vor der Polizeikette hin und her gelaufen sein, unsittliche Berührungen an sich vorgenommen und die Beamten beleidigt haben.

Um 20:13 Uhr wurde der 18-Jährige von Polizeibeamten, die vorher in der oben genannten Polizeikette gestanden hatten, unter anderem aufgrund seiner auffälligen Kleidung wiedererkannt und daraufhin vorläufig festgenommen.

Die Polizei stellt ebenfalls klar: zu dieser Vorwurfslage existiert auch Videomaterial.

Daher gibt es deutliche Kritik der Polizei: die MOPO hat der Polizei keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und damit gegen grundlegende Regeln des Presse-Kodex verstoßen.

Weiter kritisiert die Polizei, dass die MOPO in ihrem Beitrag ein Zitat eines namentlich genannten Pressesprechers der Polizei verwendet, welches jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Vorfall stehe und somit „entrückt“ werde.

Stattdessen versuchte die Redakteurin ein „altes“ Zitat, welches sie fünf Tage zuvor in einem anderen Kontext von dem Polizeisprecher bekommen hatte, zu verwenden. Nur aufgrund eines vertraulichen Hinweises zu später Stunde konnte das Zitat von der Polizei „ergattert“ werden, allerdings weiterhin in Unkenntnis des zugrunde liegenden Sachverhaltes.

Der Polizeipräsident hat sich in diesem Fall persönlich zu Wort gemeldet:

Die Recherche ist ein unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Dazu gehört auch, dass der von der Berichterstattung betroffenen Institution die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen sind auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Diesen Grundsatz hat die Hamburger Morgenpost aus meiner Sicht in der oben genannten Berichterstattung grob verletzt.

Damit hat die Redakteurin aus meiner Sicht maßgeblich gegen den Pressekodex verstoßen.

Ich sehe mich daher gezwungen, diesen Sachverhalt vom Deutschen Presserat überprüfen zu lassen.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer

Das hat gesessen. Nachdem die Kritik der Polizei sogar als Pressemeldung von der Polizei veröffentlicht wurde, sah sich die MOPO zu einer Reaktion gezwungen und räumte den Vorwurf ein.

Den Vorwurf, ein sachfremdes Zitat aus dem Kontext zu reißen, würdigte die MOPO in ihrer Stellungnahme zwar nicht, räumte aber ein, der Polizei keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Eine Erklärung hatte sie dafür auch parat: man wollte „Hüseyin“, der Polizisten angegriffen hat und dabei gefilmt wurde, schützen…